Sonntag, 31. Januar 2010

Eine Ökokatastrophe in der Trias vor 220 Millionen Jahren













Dr. Alexander Lukeneder bei der Analyse

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Internationale Spitzenforschung am Naturhistorischen Museum in Wien

Dr. Alexander Lukeneder forscht seit Januar 2010 parallel an zwei internationalen FWF-Projekten.

Dr. Alexander Lukeneder ist es dabei als einem der wenigen Wissenschafter gelungen, vom österreichischen FWF, dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, als Projektleiter eines weiteren Projektes bestimmt zu werden.

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Das große Massensterben in der Trias vor 220 Millionen Jahren

Wien (die-nachrichten) - Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Alexander Lukeneder vom Naturhistorischen Museum Wien wird in den kommenden 3 Jahren, im Rahmen eines FWF-Forschungsprojektes (FWF P22109-B17), das Hinterland der Türkei und eine der größten Krisen in der Erdgeschichte, die Karnische Krise, erforschen. Dabei werden mit M.Sc. Susanne Mayrhofer (NHMW) auch 16 internationale und nationale Wissenschafter zusammenarbeiten. Neue und interessante Einblicke in eine der größten Krisen der Erdgeschichte werden erwartet wobei die neuesten Forschungsmethoden zum Einsatz kommen (Isotopenanalyse, Spektralanalyse, Geochemie etc). Alexander Lukeneder ist zur Zeit als Projektleiter zweier FWF Projekte unterwegs. Zum einen erforscht er mit einem internationalen Team (16 Wissenschafter aus 8 Nationen) die Karnische Krise, eine der größten Krisen in der Erdgeschichte vor 220 Millionen Jahren, in der Türkei (Anatolien, Taurus). Vor rund 220 Millionen Jahren in der Trias Zeit kam es zu einem weltweiten Zusammenbruch der marinen Ökosysteme. Schwer betroffen und nahezu an den Rand des Aussterbens gebracht, waren dabei die damaligen „Herrscher der Meere“, die Ammoniten. Zu Millionen starben sie und wurden in Meeresbecken des Tethys-Ozeans abgelagert. Diese Massensterben sind heute in bis zu 1 Meter mächtigen Ammoniten-Kalkbänken überliefert und bergen über 200 000 000 Millionen !!! Ammoniten in sich. Aber auch Muscheln waren vom Absterben der Riffsysteme in der oberen Trias betroffen. Ihre Schalen bildeten am Meeresboden dichte Lagen. Heute sind sie durch Gebirgsbildung auf 1000 Meter Höhe im Taurus-Gebirge zu finden. Im tiefen Meeresbecken fehlte durch die Verwesung der großen Mengen an Muschel- und Ammonitenkadavern bald der Sauerstoff. Das Meer wurde anoxisch. Diese einschneidende Krise im marinen Bereich ist weltweit als die „Karnische Krise“ bekannt. Auf der ganzen Welt von Europa, über Indien bis nach Amerika kann diese Ökokatastrophe nachgewiesen werden. So auch im Herzen des Taurus-Gebirges, wo diese markante Phase nun aufgespürt werden konnte. Als Gründe für diese globale Wende scheinen eine deutliche Erwärmung und das Einsetzen eines feuchten Monsun-Klimas in Frage zu kommen.
Zum anderen leitet Dr. Alexander Lukeneder ein Forscherteam in den Dolomiten Südtirols. In den Dolomiten (UNESCO-Weltkulturerbe), versuchen die Wissenschafter (22 Wissenschafter aus 7 Nationen) das Klima und Leben der Kreidezeit vor rund 140 bis 90 Millionen Jahren zu entschlüsseln. In beiden Projekten finden weitreichende internationale Kooperationen wie dem Naturhistorischen Museum Wien, dem Naturmuseum Südtirol, der Universität Wien (Paläontologisches und Geologisches Institut), der Technischen Universität Wien, der Firma Mathconsult in Linz, dem Türkischen MTA und viele anderen internationalen und nationalen Institutionen statt.
Die gesammelten Fossilien beider Projekte werden in der Schausammlung des Naturhistorischen Museums Wien ausgestellt und die Ergebnisse in Vorträgen präsentiert, wie auch am Sonntag den 2. Mai am Naturhistorischen Museum (11.00 Vortrag, 14.30 Führung, Dr. Alexander Lukeneder).













Bedampfte Ammoniten aus der Türkei

Titel des Projektes: 3D MODELLING OF THE CARNIAN CRISIS

Tracing the Genesis and History of a Triassic Ammonite Mass-Occurrence (Taurus, Turkey)
Ammonite mass mortality as proxy for the Carnian Crisis (Carnian Pluvial Event)

Modern technologies of a unique section, with 200 000 000 !!! ammonite specimens


Wissenschaftliche Zusammenfassung

Die Ober-Trias im Gesamten und die Karnische Stufe im Speziellen wurden von einer der umfangreichsten ökologischen Krisen des Mesozoikums heimgesucht, der Karnischen Krise (= Carnian Pluvial Event), wobei die karbonatischen Plattformen abstarben und mit ihnen verschwanden die meisten Riffbildner. Die zu untersuchende Orthoceltites Vergesellschaftung (Ammoniten, Cephalopoden) wurde während der Karnischen Krise an der Grenze der Kartoz- und Kasimlar-Formation (Anatolien, Türkei) abgelagert und kann als Mandat für die Umweltbedingungen dieser Zeit und der biologischen Krise im Karnium fungieren. Zu erwähnen ist, dass bis heute die genaue Ursache der Karnischen Krise unter heftiger Diskussion steht. Die Hauptthematiken des eingereichten Projektes sind die paläoökologische, paläobiogeographische, litho-, zyklo- und magnetostratigraphische Entwicklung des Ober-Trias (Karnium) Ammoniten-Massenvorkommens an der Lokalität Asagiyaylabel (Türkei), gebildet zur Zeit der Karnischen Krise. Dieses Gebiet ist eine Schlüssel-Lokalität im Taurus-Gebirge und hat eine verbindende und zwischengelagerte Position. Zur Zeit der Ober-Trias lag das Gebiet an der Westspitze des Kimmerischen Systems und wies Verbindungen zu beiden, dem Neo-Tethys und dem Paläo-Tethys Ozean, auf. Neue Einsichten in die Taxonomie und die Paläoökologie der untersuchten Ammoniten und den dazugehörigen Makro- und Mikrofossilien werden erwartet. Die massenhaften Ammoniten Orthoceltites, mindestens 200 000 000 Millionen !!! Exemplare, werden als Vertreter einer neuen Art angesehen. Weitere Themen der Untersuchungen sind die ursprüngliche Position und die Umweltbedingungen des Ablagerungsraumes bei Asagiyaylabel im Taurus-Gebirge. Die Bildung der Ammoniten-Lagen ist entweder autochthon oder allochthon (transportiert) begründet. Resultate der 3D-Modellierungen sind grundlegend für die geodynamischen, paläoozeanographischen und paläobiologischen Schlussfolgerungen. Das führt weiter zur Fragestellung der ursprünglichen Wassertiefen während der Bildung des Ammoniten Massenvorkommens. Ein Ziel dieses „multitasking“ Projektes ist es, die Zusammenarbeit mit verschiedenen Wissenschaftsparten wie der „Structural Processes Group“ und der „Geometric Modelling Group“, zu unterstreichen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaften ist in modernen Zeiten essenziell. Statistische Analysen der Orientierung (z.B. Imbrikation) der Ammoniten-Schalen kann auf Strömungen oder Transport-Richtungen hinweisen. 3D-Modellierung von Kalzit-Zementen (fossile Wasserwaagen) und diagenetisch gebildeten Kalzit-Adern, welche die Ammoniten durchbrechen, komplettieren die geometrischen Rekonstruktionen and werfen Licht auf biostratinomische (vor Einbettung) und folgende diagenetische (nach Einbettung) Prozesse. Die Kombination von Analysen verschiedener Fossilgruppen, in Verbindung mit Isotopen, der Magneto- und Zyklostratigraphie sowie geochemischen Daten, wird helfen Details der Ober-Trias und der Krisen des Mesozoikums zu lösen. Meeresspiegelschwankungen und Klimaänderungen können deutlicher erscheinen und der „Motor“ hinter einem solchen Niedergang besser verstanden werden. Untersuchungen an Lokalitäten wie Asagiyaylabel können als Lösungsansatz für die Karnische Krise dienen.

















Sicht auf Asagiyaylabel (Türkei)

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Kontakt:
Dr. Mag. Alexander LUKENEDER
Kurator - Mesozoikum
Geologisch-Paläontologische Abteilung
Naturhistorisches Museum Wien
Burgring 7
A-1010 Wien
e-mail: alexander.lukeneder 8at) nhm-wien.ac.at
Tel: 521777/251
Homepage: http://www.nhm-wien.ac.at/NHM/Geolog/lukeneder.htm
Fotos: Alexander Lukeneder